Bei Arbeitsunfällen sind Arbeitnehmer über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert und werden durch die Berufsgenossenschaften medizinisch, beruflich und sozial rehabilitiert (§ 8 SGB VI). Auch das Zurücklegen eines Weges, um sich Nahrungsmittel zu besorgen, ist grundsätzlich versichert. Verletzt sich ein Versicherter auf dem Weg zum Getränkeautomaten im Betrieb, sei dies daher als Arbeitsunfall anzuerkennen.
So hat das Hessische Landessozialgericht mit Urteil vom 21.2.2023 (L 3 U 202/21) entschieden.
Der Fall: Eine Verwaltungsangestellte rutschte auf dem Weg zu dem im Sozialraum des Finanzamtes aufgestellten Getränkeautomaten auf nassem Boden aus und erlitt einen Lendenwirbelbruch. Die Frau beantragte, dies als Arbeitsunfall anzuerkennen. Der Weg zum Getränkeautomaten sei während ihrer Arbeitszeit unfallversichert. Die Unfallkasse Hessen lehnte den Antrag ab. Der Versicherungsschutz ende regelmäßig mit dem Durchschreiten der Kantinentür.
Die Richter gaben aber der verunglückten Frau Recht. Der Sturz sei als Arbeitsunfall anzuerkennen. Das Zurücklegen des Weges, um sich einen Kaffee an einem im Betriebsgebäude aufgestellten Automaten zu holen, habe im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit der Angestellten gestanden.
Ist ein Beschäftigter auf dem Weg, um sich Nahrungsmittel zum alsbaldigen Verzehr zu besorgen, sei er grundsätzlich gesetzlich unfallversichert. Beim Kauf von Lebensmitteln für den häuslichen Bereich seien die insoweit zurückgelegten Wege hingegen nicht versichert. Ebenso sei die Nahrungsaufnahme selbst dem privaten Lebensbereich zuzurechnen und daher grundsätzlich nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert.
Der Unfallversicherungsschutz auf dem Weg zum Getränkeautomat ende aber nicht an der Tür des Sozialraums, der sich innerhalb des Betriebsgebäudes befinde. Dieser Raum gehöre eindeutig in den Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Darüber hinaus sei der Sozialraum zum Zeitpunkt des Unfalls auch nicht als Kantine bzw. zur Nahrungsaufnahme genutzt worden. Gegen das Urteil wurde die Revision zugelassen (Quelle: LSG Hessen, Mitteilung vom 21.2.2023).
SteuerGo
Am 28. Mai 2021 hat der Bundesrat dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz zugestimmt, mit dem auch § 8 SGB VII geändert worden ist. Der Unfallversicherungsschutz ist damit auch für privat veranlasste Wege im Homeoffice während der Arbeitszeit erweitert worden. Dies betrifft Wege zum Holen eines Getränks, zur Nahrungsaufnahme oder zum Toilettengang.
Auch der Weg zu bzw. von einer Kinderbetreuungseinrichtung ist bei einer Tätigkeit im Homeoffice nun geschützt. Wird aber das Haus verlassen, um Lebensmittel einzukaufen, fällt dieser Weg nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.