Fr. Mai 17th, 2024


Die Absetzung für Abnutzung (AfA) von Gebäuden beträgt – je nach Nutzung und Bauantrag oder Kaufdatum – üblicherweise nur 2, 2,5 oder 3 Prozent, wenn keine Sonder-AfA, etwa nach § 7b EStG, infrage kommt. Das heißt, der Gesetzgeber unterstellt – typisierend – eine Nutzungsdauer bei der Gebäude-AfA von 50, 40 oder 33 Jahren. Vielen Immobilienbesitzern ist dieser AfA-Satz zu gering und so wird hin und wieder versucht, einen kürzeren AfA-Zeitraum und damit eine höhere Abschreibung durchzusetzen. Grundsätzlich ist dies auch zulässig, wenn die Nutzungsdauer eines Gebäudes tatsächlich kürzer ist (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG).

Der Bundesfinanzhof hat diesbezüglich entschieden, dass an den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer keine überbordenden Anforderungen zu stellen sind. Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung der verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer jeder Darlegungsmethode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint. Die Vorlage eines Bausubstanzgutachtens ist jedenfalls nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer (BFH-Urteil vom 28.7.2021, IX R 25/19).

Kurz darauf hat das Finanzgericht Münster die Sichtweise des BFH mit Leben gefüllt: Wird im Rahmen eines Wertgutachtens die Restnutzungsdauer eines Gebäudes nach der Wertermittlungsverordnung bestimmt, kann diese der Berechnung des AfA-Satzes zugrunde gelegt werden (Urteil vom 27.1.2022, 1 Okay 1741/18 E).

Der Finanzverwaltung behagt diese Rechtsprechung überhaupt nicht und so sollte der Gesetzgeber veranlasst werden, § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ersatzlos zu streichen, das heißt, dass immer nur die typisierenden Nutzungsdauern hätten angesetzt werden dürfen. Doch eine geplante Gesetzesänderung wurde zurückgezogen.

Aber gibt sich die Finanzverwaltung nun geschlagen? Keinesfalls!

In einem aktuellen Schreiben stellt das Bundesfinanzministerium dar, welche Anforderung an ein Gutachten zur Verkürzung des AfA-Zeitraums zu stellen sind. Und wie zu erwarten conflict, legt das BMF die Messlatte hoch (BMF-Schreiben vom 22.2.2023, IV C 3 – S 2196/22/10006: 005):

  • Der Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer ist durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken oder von Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sind, zu erbringen.
  • Im Rahmen des Nachweises ist der Zustand des Gebäudes in seinen die Nutzungsdauer bestimmenden Elementen (Tragstruktur des Bauwerks) darzustellen und begründet darzulegen, weshalb am Ende der geltend gemachten (kürzeren) Nutzungsdauer voraussichtlich keine wirtschaftlich sinnvolle (anderweitige) Nachfolgenutzung mehr möglich ist und kein Restwert mehr vorhanden ist. Ein Bausubstanzgutachten ist nicht zwingend erforderlich, kann aber hilfreiche Anhaltspunkte zur Beurteilung des Einzelfalls enthalten.
  • Die bloße Übernahme einer Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten ist nicht als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer geeignet. Die Restnutzungsdauer und die Gesamtnutzungsdauer nach der Immobilienwertverordnung (ImmoWertV) entsprechen nicht der tatsächlichen Gesamt- bzw. Restnutzungsdauer eines einzelnen Gebäudes, sondern sind Modellansätze, die nur im Gesamtkontext einer Verkehrswertermittlung zu sachgerechten Ergebnissen führen. Eine isolierte Verwendung der Modelle bzw. Modellansätze der ImmoWertV bzw. der Anlagen zur ImmoWertV für Zwecke des Nachweises einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist nicht sachgerecht.

 

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Im Wesentlichen sind es drei Faktoren, die für eine kürzere Nutzungsdauer eines Gebäudes sprechen: der technische Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie rechtliche Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer begrenzen können. Heutzutage wird wohl auch eine mangelnde Energieeffizienz – ohne Möglichkeit der Sanierung – für eine wirtschaftliche Entwertung sprechen, zumal entsprechende Gebäude bald kaum noch vermietbar sein werden. Die Absicht, ein zunächst noch genutztes Gebäude abzubrechen oder zu veräußern, rechtfertigt es übrigens nicht, eine kürzere Nutzungsdauer des Gebäudes zugrunde zu legen. Eine Verkürzung der Nutzungsdauer kann erst angenommen werden, wenn die Vorbereitungen zum Gebäudeabbruch soweit gediehen sind, dass die weitere Nutzung in der bisherigen oder einer anderen Weise so intestine wie ausgeschlossen ist.

 

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Im Streitfall, der vom BFH entschieden wurde, hat der Kläger ein Wertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vorgelegt. Das ist natürlich teuer. Sicherlich geht es auch günstiger, etwa über ein Gutachten eines Maklers oder einer Financial institution. Doch ein solches wird von der Finanzverwaltung nicht anerkannt. Und es steht zu befürchten, dass auch ein Finanzgericht ein „einfaches“ Gutachten nicht berücksichtigen wird.

Von daher sollte gleich ein von der Finanzverwaltung „gefordertes“ Gutachten erstellt werden. Ob der Steuervorteil die Kosten, die sich oft zwischen 3.000 und 5.000 EUR bewegen, überwiegt, muss jeder für sich entscheiden, denn selbst im Erfolgsfalle bleiben die Steuerzahler grundsätzlich auf diesen Kosten sitzen. Allenfalls in einem finanzgerichtlichen Verfahren können dem Finanzamt die Kosten aufgebürdet werden – und auch das nur ausnahmsweise (vgl. dazu FG Hamburg, Beschluss vom 24.6.2017, 3 KO 56/17, EFG 2017 S. 1620 Nr. 19).

 

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Nach Auffassung des BMF können die Restnutzungs- und die Gesamtnutzungsdauer eines Gebäudes nicht nach der ImmoWertV ermittelt werden. Diese Ansicht dürfte angesichts eines aktuellen Urteils des FG Münster aber bereits überholt sein. Mit zwei Urteilen vom 14.2.2023 (1 Okay 3840/19 F und 1 Okay 3841/19 F) hat das Gericht nämlich entschieden, dass vom Steuerpflichtigen eingeholte Wertgutachten, in denen die Restnutzungsdauern von Mietobjekten nach ImmoWertV berechnet werden, sehr wohl der Ermittlung der Gebäude-AfA zugrunde gelegt werden können.

 

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Für bestimmte betrieblich genutzte Gebäude (z.B. Hallen in Leichtbauweise oder bei Ställen und Schuppen) kann sich jeweils in Abhängigkeit von der Bauart, der Bauweise und der Nutzung bereits aus den amtlichen AfA-Tabellen eine kürzere Nutzungsdauer ergeben. Berufen sich die Steuerpflichtigen auf die in den AfA-Tabellen enthaltenen Richtwerte, sind diese anzusetzen.

Von admin

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