Seit 2018 gelten neue Regeln zur Investmentbesteuerung. Der Anleger versteuert zwar grundsätzlich nur die tatsächlichen Zuflüsse aus der Investmentanlage, d.h. die Ausschüttungen des Fonds sowie die Gewinne aus der Veräußerung oder Rückgabe der Fondsanteile. Doch häufig werden die Erträge auch ganz oder teilweise thesauriert. Bei solchen nicht ausschüttenden (thesaurierenden) und teilausschüttenden Fonds müssen Anleger jedes Jahr einen Mindestbetrag versteuern – eine sogenannte Vorabpauschale. Für diese gelten die gleichen Teilfreistellungen wie für die Besteuerung von Ausschüttungen. Die Höhe des steuerfreien Anteils richtet sich auch hier nach der Artwork des Fonds.
Die Höhe der Vorabpauschale orientiert sich an einer risikolosen Marktverzinsung, das heißt an dem Betrag, den ein Anleger am Markt für eine risikofreie Geldanlage erhalten würde. Die tatsächlichen Ausschüttungen mindern die Vorabpauschale im Jahr ggf. bis auf null. Darüber hinaus ist die Pauschale auf die tatsächliche Wertsteigerung des Anteils im Jahr begrenzt und fällt somit nicht an, wenn ein Verlust erzielt wurde. Die Vorabpauschale gilt beim Anleger als am ersten Werktag des folgenden Jahres zugeflossen (§ 18 InvStG).
Die Anleger versteuern einen Veräußerungsgewinn beim Verkauf ihrer Fondsanteile. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, wird die Vorabpauschale vom Veräußerungsgewinn abgezogen. Verkauft der Anleger daher einen thesaurierenden Investmentfonds, ist spätestens beim Verkauf die Kapitalertragsteuer fällig. Die Vorabpauschale ist indes keine zusätzliche Steuer, sondern eine Vorauszahlung auf zukünftige Veräußerungsgewinne.
Die Vorabpauschale orientiert sich nicht an den tatsächlich angefallenen Gewinnen, sondern berechnet sich anhand einer bestimmten Formel. Sie beträgt 70 Prozent des jährlichen Basiszinses der Bundesbank multipliziert mit dem Wert des Fondsanteils zum Jahresbeginn (sog. Basisertrag). Der Basisertrag ist auf den Mehrbetrag begrenzt, der sich zwischen dem ersten und dem letzten Rücknahmepreis zzgl. der Ausschüttungen ergibt. Wird kein Rücknahmepreis festgesetzt, so gilt stattdessen der Börsen- oder Marktpreis.
Für die Vorabpauschale gelten die gleichen Teilfreistellungen wie für die Besteuerung von Ausschüttungen. Die Teilfreistellung bzw. der steuerfreie Anteil richtet sich nach der Artwork des Fonds: Steuerfrei sind für Privatanleger in Aktienfonds: 30 Prozent, Mischfonds: 15 Prozent, offenen Immobilienfonds: 60 Prozent (bei Anlageschwerpunkt im Ausland sind es 80 Prozent).
Für thesaurierende und teilthesaurierende Fonds ermittelt die depotführende Stelle eine Vorabpauschale, die am ersten Werktag des Folgejahres als zugeflossen gilt, d.h. erst im Folgejahr zu versteuern ist.
Auf die Vorabpauschale wird 25 % Abgeltungsteuer plus 5,5 % Solidaritätszuschlag plus ggf. Kirchensteuer erhoben.
Die Steuer wird im Januar automatisch von dem Verrechnungskonto abgebucht, das zum jeweiligen Wertpapierdepot gehört. Liegt ein Freistellungsauftrag vor, wird bis zu dessen Höhe keine Vorabpauschale abgezogen.
In den Jahren 2021 und 2022 warfare der Basiszins negativ. Infolgedessen wurde keine Vorabpauschale ermittelt und somit führen die Depotbanken auch keine Kapitalertragsteuer ab. Wenn Anfang 2023 keine Vorabpauschale von den Depotbanken abzuführen ist, heißt das nicht, dass laufende Erträge aus thesaurierenden Fonds auch steuerfrei bleiben. Die Pauschale ist nur eine Rechengröße und eine vorweggenommene Besteuerung zukünftiger Wertsteigerungen.
So hoch ist die Vorabpauschale | |||
Jahr | Basiszins
vom 1.1. des Jahres |
Basisertrag
(70 % des Basiszinses) |
|
2018 | 0,87 % | 0,609 % | |
2019 | 0,52 % | 0,364 % | |
2020 | 0,07 % | 0,049 % | |
2021 | – 0,45 % | — | Keine Vorabpauschale
wegen negativen Basiszinses |
2022 | – 0,05 % | — | |
2023 | 2,55 % | 1,785 % | zu versteuern in 2024 |
Investmenterträge – und somit auch eine Vorabpauschale – sind nicht anzusetzen, wenn die Fondsanteile im Rahmen von Riester- oder Rürup-Verträgen gehalten werden. Hier bleibt es bei der nachgelagerten Besteuerung der Erträge in der Auszahlungsphase.
Der Basisertrag für die Vorabpauschale 2023 würde bei einem Rücknahmepreis von 100 bei 100 Fondsanteilen = 100 x 100 Euro x 2,55 % x 70 % = 178,50 Euro betragen. Die zu zahlende Abgeltungsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag per Jahresanfang beträgt 178,50 Euro x 26,375 % = 47,08 Euro. Die Pauschale wird durch die Teilfreistellung verringert. Für Mischfonds beträgt diese 15 Prozent, für Aktienfonds 30 Prozent und für Immobilienfonds 60 Prozent.