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Kapitalertragsteuereinbehalt zum Schein: Schneeballsystem

Bild: MEV Verlag GmbH, Germany
Das FG Nürnberg entschied zur Abgeltungswirkung der Kapitalertragsteuer im Zusammenhang mit Aktienkäufen in einem Schneeballsystem.

Das FG Nürnberg hat entschieden, dass ein Kapitalertragsteuereinbehalt auf Scheinrenditen auch dann eine Abgeltungswirkung entfaltet, wenn er bloß auf fingierten Depotauszügen ausgewiesen wurde und die Steuer tatsächlich nicht an das Finanzamt abgeführt wurde. Das letzte Wort liegt nun beim BFH.

Investitionen in ein Schneeballsystem 

Im vorliegenden Fall hatte ein Anleger sein Geld in den Jahren 2010 bis 2013 in ein betrügerisches Schneeballsystem investiert. Ein Vermögensverwalter hatte ihm gegenüber vorgetäuscht, die eingezahlten Anlegergelder in Aktien zu investieren, die in Wirklichkeit jedoch nicht oder nicht vollständig erworben worden waren.

Darstellung eines Kapitalertragsteuerbehalts 

Auf dem Papier hatte der Verwalter gegenüber dem Anleger zunächst erhebliche Gewinne aus Aktienverkäufen ausgewiesen, auf den Abrechnungen hatte er dabei einen (rechnerisch zutreffenden) Einbehalt von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag dargestellt. Die ausgewiesenen Einbehaltungsbeträge führte er zwar nicht an das Finanzamt ab, die verbliebenen Nettogewinne zahlte er jedoch zunächst noch an den Anleger aus. Als das Schneeballsystem zusammenbracht, hatte der Anleger noch 336.740 EUR im System investiert, die er bei Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Verwalters nur noch zur Tabelle anmelden konnte.

Im Zuge einer Betriebsprüfung beim Anleger deckte das Finanzamt auf, dass dieser die Kursgewinne bislang nicht versteuert hatte.  Das Amt änderte daher die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010 bis 2013 und forderte eine Steuer von insgesamt 177.356 EUR nach. Der Anleger warfare hingegen der Ansicht, dass aufgrund des ausgewiesenen Kapitalertragsteuereinbehalts die Abgeltungswirkung des § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG eingetreten sei, sodass die Steuer auf die Gewinne bereits als entrichtet galt. Das Finanzamt warfare der Auffassung, dass durch den schlichten Ausweis von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag auf einem fingierten Depotauszug noch keine Abgeltungswirkung eintreten könne, weil die Kapitalerträge schließlich nicht tatsächlich dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen hätten.

Abgeltungswirkung warfare gegeben

Das FG gab dem Anleger Recht und urteilte, dass das Finanzamt die Gewinne aus den angeblichen Aktienverkäufen zu Unrecht (erneut) besteuert hatte. Nach Gerichtsmeinung warfare durch den Kapitalertragsteuerausweis durchaus die begehrte Abgeltungswirkung eingetreten, weil hierfür weder die Anmeldung noch die Abführung der Kapitalertragsteuer durch den Entrichtungsschuldner erforderlich ist.  Der Vermögensverwalter warfare die „auszahlende Stelle“ und hatte deshalb im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge beim Gläubiger den Steuerabzug für dessen Rechnung vorzunehmen. Dies hatte er auch getan, denn aus den vorliegenden Abrechnungen ergab sich, dass die Einbehaltungsbeträge bei der Ermittlung des auszuzahlenden Betrags in Abzug gebracht worden waren. Wenn Scheinrenditen steuerbar sind, muss nach Gerichtsmeinung auch ein entsprechender Steuereinbehalt berücksichtigt werden.

Revision beim BFH 

Das letzte Wort liegt nun beim BFH, die Revision ist dort anhängig, Az beim BFH VIII R 3/20. Ein weiteres anhängiges Verfahren zur Thematik wird bereits seit dem Jahr 2017 unter dem Az beim BFH, VIII R 17/17 geführt.

FG Nürnberg Urteil vom 11.12.2019 – 5 Okay 1283/18

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Die Abgeltungswirkung einbehaltener und nicht abgeführter KapSt tritt auch bei Scheinrenditen im Rahmen eines betrügerischen Schneeballsystems ein. Die Bemessungsgrundlage der aus den Scheinrenditen erzielten Kapitaleinkünfte mindert sich nicht um die einbehaltene Abgeltungsteuer (KapSt und SolZ).

Hintergrund: Von Scheinrenditen einbehaltene und nicht abgeführte KapSt

Der Anleger (A) hatte in 2011 bis 2013 von der Betrugsfirma des C Scheinrenditen aus Dividenden und Aktienverkäufen erzielt, die er nicht erklärt hatte.

C hatte ein Schneeballsystem mit fingierten Aktiengeschäften betrieben, das in 2013 aufflog. Er bescheinigte dem A erhebliche Gewinne aus Aktienverkäufen. Die Scheingewinne zahlte er teils (auf ein Konto der Tochter des A) aus, teils wurden sie (scheinbar) “wieder angelegt”. Auf den Abrechnungen wies C rechnerisch zutreffend den Einbehalt der KapSt (einschließlich SolZ) aus. Die KapSt wurde jedoch von C weder beim FA angemeldet noch an das FA abgeführt, was dem A nicht bekannt battle.

Aufgrund einer Kontrollmitteilung erließ das FA geänderte Bescheide, in denen es die Gewinne aus Aktienverkäufen und Dividendenerträge der Besteuerung unterwarf. Da die KapSt nur “auf dem Papier” einbehalten, aber nicht angemeldet und abgeführt wurde, hätten die Gewinne nicht der KapSt unterlegen i.S.v. § 32d Abs. 3 EStG. Die abgeltende Wirkung des Steuerabzugs nach § 43 Abs. 5 EStG sei daher nicht eingetreten. Die von C einbehaltene KapSt wurde nicht angerechnet.

Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt. Die als einbehalten ausgewiesene KapSt entfalte auch dann Abgeltungswirkung, wenn sie nicht abgeführt werde. Anschließend erließ das FA geänderte Bescheide, mit denen es die Bemessungsgrundlage für die von A erzielten Schein-Kapitaleinkünfte um die von C einbehaltene KapSt minderte.

Entscheidung: Abgeltungswirkung auch bei nicht angemeldeter/abgeführter KapSt

Die Scheinrenditen sind A in voller Höhe (ohne Abzug der KapSt) als Kapitaleinkünfte zugeflossen. Entgegen der Auffassung des FA sind sie jedoch nicht in die Steuerfestsetzung einzubeziehen, da die ESt durch die Einbehaltung der KapSt abgegolten wurde.

Kapitaleinkünfte aus vorgetäuschten Gewinnen

Die Kapitaleinkünfte aus den von C vorgetäuschten Gewinnen aus Aktienverkäufen sind dem A zum einen dadurch zugeflossen, dass sie auf seine Anweisung an seine Tochter überwiesen wurden (Leistung an einen Dritten, BFH v. 23.4.1996, VIII R 30/93, BFH/NV 1996, 364). Zum anderen hat A in Höhe der von C bescheinigten und durch fiktive Aktienkäufe “wieder angelegten” Scheinrenditen Einnahmen aus Kapitalvermögen erzielt (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG). Denn A konnte über die Beträge verfügen, da C in den Streitjahren leistungsbereit und leistungsfähig battle. Der BFH verweist insoweit auf seine Rechtsprechung zum Zufluss von Scheinrenditen in Schneeballsystemen (BFH v. 2.4.2014, VIII R 38/13, BStBl II 2014, 698).

Zufluss auch der einbehaltenen KapSt-Beträge

Die Bemessungsgrundlage der von A aus den Scheinrenditen erzielten Kapitaleinkünfte mindert sich nicht um die von C einbehaltene KapSt. Der Einbehalt der KapSt erfolgte durch C als auszahlende Stelle (§ 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG) mit abgeltender Wirkung für Rechnung des A als Gläubiger der Kapitalerträge. Dem A sind demnach auch die von C für den Steuerabzug einbehaltenen Kapitalerträge (zzgl. SolZ) zugeflossen (BFH v. 23.4.1996, VIII R 30/93, BFH/NV 1996, 364).

Abgeltungswirkung der einbehaltenen KapSt

Die Scheinrenditen sind jedoch nach § 2 Abs. 5b EStG nicht der ESt-Festsetzung zugrunde zu legen, da sie aufgrund des Einbehalts durch C der KapSt unterlegen haben mit der Folge, dass die Abgeltungswirkung nach § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG eingetreten ist. Weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzesbegründung noch aus der Gesetzessystematik ergibt sich, dass die Abgeltungswirkung erst dann eintritt, wenn die einbehaltene KapSt beim FA angemeldet und abgeführt wird. Dieses Normverständnis wird auch durch die in den gesetzlichen Ausschlussregelungen zur Abgeltungswirkung vorgesehene Risikoverteilung bestätigt. Nach § 43 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 EStG tritt die Abgeltungswirkung nicht ein, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge nach § 44 Abs. 1 Sätze 10 und 11 (früher: 8 und 9) und Abs. 5 EStG in Anspruch genommen werden kann. Könnte der Gläubiger gleichwohl in Anspruch genommen werden, würde die Ausnahme des § 43 Abs. 5 i.V.m. § 44 Abs. 5 EStG leerlaufen. Das FA bedient sich bei der Abgeltungsteuer – wie bei der Anrechnung nach § 36 Abs. 2 EStG – mit dem Schuldner der Kapitalerträge (bzw. der auszahlenden Stelle) eines privaten Einbehaltungspflichtigen, der dem Steuerpflichtigen (Anleger) als verlängerter Arm der Finanzverwaltung gegenübersteht, so dass dieser die Abführung der einbehaltenen KapSt nicht beeinflussen kann. Die sachgerechte Risikoverteilung gebietet demnach, dass der Fiskus den Ausfall der KapSt zu tragen hat, wenn der Abzug ordnungsgemäß erfolgt ist, die KapSt jedoch nicht an das FA abgeführt wird.

Subjektive Sicht des Anlegers

Das FA geht davon aus, die subjektive Sicht des Anlegers sei nur bei der Besteuerung der Scheinrenditen entscheidend. Der BFH vertritt dagegen die Auffassung, auch bei der Abgeltungswirkung sei auf die Sicht des Anlegers abzustellen. Wenn es bei Scheinrenditen für den Zufluss entscheidend ist, dass der Anleger davon ausgehen durfte, er hätte statt des “Stehenlassens” des gutgeschriebenen Betrags die Auszahlung verlangen können, muss es auch für die Abgeltungswirkung auf die subjektive Sicht ankommen. Konnte der Steuerpflichtige davon ausgehen, dass die Scheinrenditen, die ihm nach der Rechtsprechung des BFH zugeflossen sind, dem Steuerabzug unterlegen haben, ist die ESt daher abgegolten.

Hinweis: Grundsatz der Folgerichtigkeit

Die Gleichheit verlangt bei der ESt eine an der finanziellen Leistungsfähigkeit ausgerichtete, folgerichtige Ausgestaltung der Belastung (BVerfG-Urteil v. 9.12.2008, 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210). Wenn Scheinrenditen steuerbar sind, müssen auch von einem scheinbaren Ertrag scheinbar einbehaltene Steuerabzugsbeträge berücksichtigt werden. In zwei weiteren Urteilen gleichen Datums hat der BFH im Wesentlichen inhaltsgleich entschieden (BFH v. 27.10.2020, VIII R 42/18 und VIII R 3/20). Die Entscheidung hat wegen zahlreicher anhängiger Parallelfälle weitreichende Bedeutung.


BFH, Urteil v. 29.9.2020, VIII R 17/17; veröffentlicht am 14.5.2021

Alle am 14.5.2021 veröffentlichten Entscheidungen des BFH

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