Gestaltungsmissbrauch – Financial Of Tips https://financialoftips.com Financial Of Tips Fri, 24 Feb 2023 23:49:41 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.5.5 230741881 Cum-Cum-Geschäfte als steuerlicher Gestaltungsmissbrauch | Steuern https://financialoftips.com/cum-cum-geschaefte-als-steuerlicher-gestaltungsmissbrauch-steuern/ https://financialoftips.com/cum-cum-geschaefte-als-steuerlicher-gestaltungsmissbrauch-steuern/#respond Fri, 24 Feb 2023 23:49:41 +0000 https://financialoftips.com/2023/02/24/cum-cum-geschaefte-als-steuerlicher-gestaltungsmissbrauch-steuern/


Cum-Cum-Geschäfte als steuerlicher Gestaltungsmissbrauch

Bild: mauritius photographs / imageBROKER / Markus Brunner
Dem Cum-cum-Geschäftsmodell erteilte das Hessische FG eine Absage.

Wechselseitige Wertpapiergeschäfte zur Erlangung der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 KStG sind missbräuchlich.

Rechtsprechung zu Cum-Cum-Gestaltungen 

In dem sehr umfangreichen Urteilsfall sind die nicht steuerfrei gestellten Aktiendividenden sowie die Anrechnung der auf die Dividenden erhobenen Kapitalertragsteuer strittig. Eine Hypothekenbank hatte mit anderen Banken Verträge über wechselseitige Hin- und Rückübertragungen von Aktien und sonstigen Wertpapieren geschlossen (Wertpapierleihgeschäfte). Die Aktienlieferungen erfolgten jeweils vor dem Tag der Hauptversammlung und wurden kurze Zeit danach wieder rückübertragen. Abgerundet wurde dies durch Gewährung von Sicherheiten und Wertausgleichen. Das Finanzamt hat im Rahmen einer Außenprüfung diese sog. Cum-Cum-Gestaltung beanstandet. Deren Zweck sei es gewesen, das steuerpflichtige Zinseinkommen durch die Erzielung von zu 95 % steuerfreien Dividendenerträgen künstlich zu mindern, ohne dabei wirtschaftliches Eigentum an den Aktien zu erlangen. Zudem geht es in dem Urteil um die steuerliche Anerkennung einer Teilwertabschreibung auf Staats- und Unternehmensanleihen. 

Aktieninhaber bleibt wirtschaftlicher Eigentümer 

Das Finanzgericht bestätigt die Rechtsauffassung des Finanzamts. Eine kurzzeitige Übertragung von Aktien über den Dividendenstichtag mit wechselseitigen Wertpapiergeschäften, bei denen unter wirtschaftlicher Betrachtung jede Vertragspartei durch die betragsmäßige Abstimmung der jeweiligen wechselseitigen Erträge, ggf. verbunden mit einem Wertausgleich, genau das erhält, was sie ohne Übertragung der Wertpapiere erhalten hätte, führt nicht zu einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums i.S. des § 39 Abs. 2 AO. Da die Aktienerwerberin keine Anteilseignerin wurde, kann sie folglich auch keine Kapitalertragssteuer anrechnen.

Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten 

Sofern wechselseitige Wertpapierübertragungen zu einer steuerlichen Umqualifizierung von Zinserträgen in Dividendenerträge führen, um für diese die Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 1 KStG zu erlangen, ist darin ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO zu sehen. Dies gilt auch für eine ”optimierte Wertpapierübertragung“ um die adverse Wirkung des § 8b Abs. 7 KStG zu umgehen.

Teilwertabschreibung abgelehnt 

Ferner lehnt das FG eine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ohne substantiierte Nachweise ab. Denn festverzinsliche Wertpapiere verbriefen regelmäßig eine Forderung in Höhe ihres Nominalwertes. Gewisse Marktschwankungen stellen noch keine voraussichtlich dauernde Wertminderung dar.

Das Urteil ist vorläufig nicht rechtskräftig, denn das FG hat die Revision zugelassen.

Hessisches FG, Urteil v. 28.1.2020, 4 Okay 890/17

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Cum/Ex-Geschäfte eventuell immer noch möglich | Steuern https://financialoftips.com/cum-ex-geschaefte-eventuell-immer-noch-moeglich-steuern/ https://financialoftips.com/cum-ex-geschaefte-eventuell-immer-noch-moeglich-steuern/#respond Fri, 24 Feb 2023 19:27:59 +0000 https://financialoftips.com/2023/02/24/cum-ex-geschaefte-eventuell-immer-noch-moeglich-steuern/

Erstattungen von nicht gezahlter Kapitalertragssteuer durch sogenannte Cum/Ex- und Cum/Cum-Geschäfte sind nach Ansicht mehrerer Wissenschaftler trotz Gesetzesänderungen und Gerichtsurteilen auch heute noch möglich. 

So erklärte Professor Christoph Spengel (Universität Mannheim) in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses im Bundestag am 9.9.2020, diese Geschäfte seien seit Jahrzehnten trotz der Umstellung des Kapitalertragsteuerabzugsverfahrens bis heute am Markt durch gängige Gestaltungsmodelle anzutreffen. “Dem deutschen Staat entgehen jährlich Milliarden Euro an Kapitalertragsteuern beziehungsweise Kapitalertragsteuern werden erstattet, obwohl sie nicht vereinnahmt worden sind”, erklärte Spengel. Er bezeichnete dies als “unerträglichen Zustand” und forderte Cum/Ex- und Cum/Cum-Geschäfte endlich zu unterbinden.

Es wurden in den Stellungnahmen aber auch andere Auffassungen deutlich.

Grundlage der Anhörung waren zwei Anträge von Oppositionsfraktionen

Die Fraktion Die Linke verlangt Maßnahmen, um Steuerskandale wie Cum/Ex zukünftig zu verhindern. Dafür sei der Mechanismus zur Einbehaltung und Erstattung von Kapitalertragsteuer zu modernisieren und ein lückenloser datenbankgestützter Abgleich von Erstattungsanträgen mit tatsächlichen Steuerzahlungen einzuführen, heißt es im Antrag der Linksfraktion (

19/16836). Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag

(19/5765) die Bundesregierung auf, alle Geschäftsmodelle zu bekämpfen, bei denen der Ertrag allein in einem angestrebten Steuervorteil besteht. Auch neue Cum/Ex-ähnliche Fälle müssten vermieden werden. Sämtliche früheren Cum/Ex-Fälle sollten aufgedeckt und verfolgt werden. Mit einem europaweiten Schaden von geschätzt 55 Milliarden Euro seien Cum/Ex- und Cum/Cum-Geschäfte “der größte Raubzug der Geschichte”, schreibt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in dem Antrag.

Cum/Ex-Geschäfte mit veränderter Struktur

Nach Ansicht von Rechtsanwalt Alexander Heist, der von der “Bürgerbewegung Finanzwende” beauftragt worden battle, erscheint es auch heute noch möglich, “dass so intestine wie keine Kapitalertragsteuer auf Dividendenauszahlungen beim Fiskus ankommt”. Aufgrund von Ansprüchen aus Doppelbesteuerungsabkommen könne es darüber hinaus weiterhin zur mehrfachen Erstattung nicht gezahlter Steuer kommen. Trotz verschiedener Maßnahmen der Finanzverwaltung – wie zum Beispiel keine Steuererstattungen mehr an Briefkastenfirmen auszubezahlen – bestehe Anlass zu der Annahme, dass die Cum/Ex-Geschäfte mit veränderter Struktur bis zum heutigen Tage weiterlaufen würden. Der Journalist Oliver Schröhm berichtete von “Mutationen von Cum/Ex”, die weiterhin möglich seien.

Andere Ansicht: Keinen akuter und dringlichen Handlungsbedarf

Eine andere Auffassung vertrat dagegen Professor Tim Florstedt von der Universität für Wirtschaft und Recht in Wiesbaden. Florstedt kann einen akuten und dringlichen Handlungsbedarf nicht erkennen. Die gesetzlichen Maßnahmen und nicht zuletzt die strafrechtliche Aufarbeitung hätten die erhoffte Eindämmung des saisonalen Aktienhandels erbracht. Dubiose Fondsangebote mit besonderen Dividendenstrategien würden kaum noch vermarktet. “Die Volumina des steuermotivierten Aktienhandels scheinen spürbar zurückgegangen zu sein”, erklärte Florstedt. Abstrakte Gesetzeslücken würden vorauseilend und zügig geschlossen.

Richter sieht Handlungsbedarf für die Finanzverwaltung

Helmut Lotzgeselle, Vorsitzender Richter am Hessischen Finanzgericht, erläuterte mehrere Urteile zu Cum/Ex und Cum/Cum. Es bestehe dringender Handlungsbedarf für die Finanzverwaltung, die Cum/Cum-Geschäfte unter dem Gesichtspunkt des Gestaltungsmissbrauchs aufzugreifen, forderte Lotzgeselle in seiner Stellungnahme.

Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, erklärte, wenn die Steuerfahndung energischer aufgestellt worden wäre und früher hätte durchgreifen können, würde man sich heute leichter tun. Die “Steuerakrobaten” seien dem Fiskus immer voraus, beklagt er. Jörg Klöckner vom Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung in Düsseldorf wies darauf hin, dass es weitere Cum/Ex-Verfahren geben werde. Er zeigte sich aber überzeugt, dass die Behörden am Ende erfolgreich arbeiten würden. Die umfassendsten Fälle sollten inzwischen aufgegriffen worden seien, hieß es vom Bundeszentralamt für Steuern auf Fragen nach drohender Verjährung.

Deutscher Bundestag, hib-Meldung v. 9.9.2020

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